Der Stereograph - das unbekannte Wesen

Bäckstage: Der Stereograph beim 3D-Film.

Der Duden definiert den Begriff stereoskopisch mit «dreidimensional wiedergeben». Um dies bei einem Kinofilm möglich zu machen, sind bei stereoskopischen Produktionen stets zwei Kameras involviert. Damit der gewünschte Effekt aber auch wirklich in 3D auf der Leinwand erstrahlt, hat ihn ständig ein Stereograph im Auge. Noch sind nur wenige professionelle Stereographen in der Branche tätig, aber genau die sind für 3D-Produktionen immens wichtig. Wieso aber eigentlich?

 

Weil der Stereograph schon während der Produktion die Kontrolle über den 3D-Effekt hat, quasi das dritte Auge besitzt. Er hat die dritte Dimension ständig im Blick. Zuerst werden die Abläufe der einzelnen Szenen im Team besprochen. Danach werden die Sets akribisch ausgemessen. Wenn zum Beispiel eine Szene mit einem Abstand von 120cm zur Kamera beginnt und mit 35m Distanz endet, müssen die Positionen der Kameras innerhalb der Einstellung entsprechend verändert werden, damit der dreidimensionale Eindruck scharf erscheint. Wenn also in einer Szene eine Kamerafahrt stattfindet und sich dadurch der 3D-Effekt innerhalb des Bildes verschiebt, weiss der Stereograph dies genau und kann die beiden Kameras per Funk entsprechend bewegen.

 

Ausmessen und kontrollieren

 

Während er das tut, hat er auf einem Monitor die Möglichkeit 1:1 zu kontrollieren, ob der 3D-Effekt wie gewünscht aussieht. Allerdings hat der Stereograph dabei nur eine minimale Marge, um zu korrigieren, falls die Bilder verschoben sein sollten. Ansonsten müsste die Szene neu gedreht werden. Also sitzt bei einer stereoskopischen Produktion nicht nur ständig jemand neben der Kamera, der auf die Schärfe achtet, sondern auch noch ein Stereograph, der den 3D-Effekt kontrolliert. Aber damit ist sein Job noch lange nicht getan.

 

Der Stereograph hat die dritte Dimension beim Drehen ständig im Auge.

 

Auch in der Postproduktion ist der Stereograph ein wichtiger Teil des Teams. Es gibt zwei Arten, einen Film in 3D zu drehen. Bei beiden spielt die Screenplane eine wichtige Rolle. Die Screenplane definiert die Leinwand, also quasi die Ebene, in der man den Blick haben möchte. Die Bereiche vor und hinter der Screenplane sind der Vorder- beziehungsweise der Hintergrund. Man kann die Screenplane schon während des Drehs festlegen, dann lässt sich aber nichts mehr daran rütteln und man muss Fehler mühsam am Schneidetisch ausbügeln. Oder man lässt die Screenplane offen und kombiniert bei der Nachbearbeitung im Studio die separat gefilmten Bilder aus beiden Kameras.

 

Animierte Screenplane macht das Sehen angenehm 

 

Nachdem alle Bilder im Kasten sind, ist die Aufgabe des Stereographen, die Steuerung der Screenplane. Man schiebt also die Bilder nochmals gegeneinander und definiert den 3D-Effekt. Ein wichtiger Teil der Postproduktion ist das Depth Grading. Das bedeutet, dass sich die Screenplane animieren lässt. Das heisst, wenn in einer Einstellung die Screenplane im Hintergrund ist und in der nächsten in den Vordergrund kommt, so kann die Screenplane schon vor dem Schnitt leicht nach vorne bewegt werden. Dadurch wird der Schnitt für den Zuschauer angenehmer zu sehen, weil das menschliche Hirn nach jedem Schnitt den 3D-Effekt neu berechnen muss.

 

Ob in scharfen Bildern oder in wenig anstrengenden Übergängen und Schnitten, zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Stereograph zum Ziel hat, den Genuss eines 3D-Films für den Zuschauer möglichst angenehm zu machen. Und das braucht wirklich jeder Film, damit er ein Erfolg wird.

 

 

Mehr zum Thema 3D findet ihr im ersten Teil: Die 3 Ds der dritten Dimension.

 

Patrick Holenstein / So, 29. Jan 2012